«Wie geht das: Sterben?»

Thomas Oberender

Wie geht das: Sterben? «Die Menschen gehen, die Dinge bleiben», heißt es in dieser Oper. Das Unbegreifliche - die Passage vom Leben zum Tod und zurück, von den Geistern ins Reich der Lebenden - nicht im Halbdämmer oder Zwielicht zu zeigen, sondern im gleißend hellen Licht eines riesigen Scheinwerfers, der unmerklich langsam unterhalb des Portals im Verlauf des Stückes von rechts nach links über die gesamte Bühnenbreite wandert und immer die Mitte der Szene ausleuchtet, ja, fast ausbrennt, ist eine richtige und starke Entscheidung. Denn dieses Werk ist gefühlt natürlich eher ein Nacht-Stück, ein Traumspiel, das von den Unschärfen und Übergängen lebt, die es auf der Ebene der Erzählung aber auch der Musik erzeugt. Deshalb ist Georg Friedrich Haas ein idealer Komponist für diesen Stoff – feine mikrotonale Schwankungen, das Ineinandergleiten der Akkorde und akustischen Unschärfeerfahrung erzeugen jenes sinnliche Gleiten der Realität, das die Handlung in Jon Fosses in seinem Roman ausmacht. Der Autor hat dafür eine ungewöhnliche erzählerische Konstruktion geschaffen: Der erste, sehr kurze Teil des Buches ist Bericht des alten Olai über Geburt des kleinen Johannes, hingegen der zweite Teil des Romans eben dieser Junge, der am Anfang auf die Welt kam, staunend sein aus-der-Welt-Scheiden erlebt.