«Die Kunst des Gelingens»

Was für eine institutionalisierte Förderung des Neuen Zirkus spricht. 

Von Thomas Oberender

Zirkus, der alte wie der neue, ist für mich eine Kunstform des Gelingens. Das ist insofern bemerkenswert, da er der Gefahr so eng verbunden ist. Ein Großteil der Energie und Erfahrungsintensität, die von ihm ausgeht, rührt aus dem Risiko des Scheiterns, das die Artisten vor den Augen der sie Betrachtenden umgibt bei ihrem schwierigen Tun, das immer so leicht getan wirkt, mit einem Lächeln über dem Abgrund der Angst oder des Ungewissen. Zirkus macht das Unmögliche möglich, er feiert die Mühelosigkeit angesichts des ganz Schweren. Er verleiht den Dingen Leben und behandelt die lebenden Körper wie Dinge, die sich von ihrer Funktion befreien und etwas ganz Anderes werden. 

In jedem Augenblick der Zirkuskunst steckt so viel Zeit - das wieder und wieder tun des Gleichen, bis es gelingt. Deshalb setzen die artistischen Augenblicke auch so viel mehr Zeit frei als andere Künste - ein pures Staunen, das um sich herum Ruhe und Verwunderung schafft. Wie geht das? Die vielleicht essentiellste Frage des  menschlichen Lebens ist im Zirkus  grundlegend: Wie geht das - ganz praktisch und technisch, weil alles, vor allem die eigene Unversehrtheit, davon abhängt.