«Mein geschenktes Leben.»
Wie man sich vom Albtraum der Geschichte befreit.

Laudatio auf Tankred Dorst

(…) 1947 kommt der Einundzwanzigjährige zurück nach Deutschland, «ohne Abitur, ohne Geld oder Beziehungen». Er hat sich eine Zeitlang herumgetrieben, wusste nicht, was er anfangen soll und hatte das Gefühl, «dass ich das ganze weitere Leben, das doch, wenn ich es von heute her sehe, erst angefangen hatte, in Kellern verbringen würde. Es war ja alles kaputt.» In der Gegend von Dortmund war er von einem übervollen Zug gesprungen, suchte das Haus seiner Tante, zwei Zimmer bewohnte sie noch, alle anderen Zimmer und Flure waren mit Flüchtlingen belegt. Er bezog «ein notdürftig eingerichtetes Kämmerchen unterm Dach. Da, wo früher Koffer und kaputte Möbel gelagert waren, da oben verbrachte ich eine konturlose Zeit, hörte das Pausengeschrei der Schulkinder von gegenüber, hörte die mächtige katholische Glocke läuten und das Klappern der Milchkannen von der Molkerei nebenan.