«Analyse der Störungen.»

Theater als das Drama der Wahrnehmung
von Thomas Oberender

 

 

Auszug aus dem Essay: 

Sitationisten - Gegenspektakel in der Gesellschaft des Spektakels

Zwischen 1957 und 1972 bildete die Internationale Situationniste um Guy Debord eine radikale Internationale aus Aktionskünstlern, Malern, Architektur- und Revolutionstheoretikern, deren Theorien und Aktionen in einem gewissen Sinne ähnlich hellsichtig waren wie die Studien und Prognosen des zur gleichen Zeit arbeitenden Marshall McLuhan in den USA. Europas Nullpunkt der Kultur, wie er am Ende des zweiten Weltkrieges erreicht schien, wurde bald schon überstrahlt von der Entstehung und Ausbreitung eines amerikanisch geprägten, liberalen und konsumorientierten Lebensmodells, in dem die Situationisten schon Mitte der fünfziger Jahre die Grundzüge einer Gesellschaft des Spektakels entdeckten, deren Einladung und Zwang zur Verdinglichung [1] man sich widersetzen wollte.

«Der auf der Entwicklungsstufe des Warenüberflusses angelangte Kapitalismus», so Guy Debord, «verteilt seine Glücksvorstellung und folglich die des hierarchischen Erfolgs in unzählige Gegenstände und Gadgets, die so viele Zugehörigkeiten zu verschiedenen Schichten der Konsumgesellschaft auf wirkliche und illusorische Weise zugleich zum Ausdruck bringen. Das Spektakel der verschiedensten zu verkaufenden Gegenstände fordert einen auf, verschiedenste Rollen zu spielen, es zielt darauf ab, jeden dazu zu zwingen, sich im effektiven Konsum dieser überall verbreiteten Produktion zu erkennen und zu verwirklichen.» [2]