«Im Inneren der Systeme»

Spuren der Romantik in den Holzschnitten Christiane Baumgartners
von Thomas Oberender

 

 

Christiane Baumgartners Holzschnitte faszinierten mich zunächst durch ihre Monumentalität, sowohl im Format wie auch im Sujet. Seit ihrem Bild TRANSALL aus dem Jahr 2002 zieht sich mit ihren Bildserien über Windräder oder den Darstellungen von Helikoptern und Kampfflugzeugen die Spur der Kraftmaschinen durch ihr Werk. Es sind Objekte, die der Bewegung dienen und von Menschen gefertigt wurden, und zugleich sind es Instrumente der Macht, der Bezwingung von Naturgewalten und der Fortbewegung. Sie wirken als Insignien des industriellen Fortschritts wie aus einer Bewegung heraus erfasst: unscharf in ihrer Ruhe oder eben, durch die besondere Technologie ihrer Darstellung - ihrer gerasterten, grob gepixelten Zerlegung in geschnitzte Linien - in eine Art von flirrendem Stillstand gebannt. Ihr Zustand erinnert an die ruhigen Landschaften Caspar David Friedrichs, die dennoch keine Seelenruhe aufkommen lassen. Das bewegungslose Schauen der auf ihnen abgebildeten Wanderer verwandelt sich jedoch bei Christiane Baumgartner in den nüchternen Blick der Apparate. Die so entstandenen Fotografien und Videostills überträgt die Künstlerin in das Medium des Holzschnitts und bringt die eingefrorenen Momente dabei wieder in Bewegung. Denn die kalkulierte Unschärfe des Dargestellten und die Moireeffekte der feinen Linien, aber auch die minimalen Unregelmäßigkeiten der Einschnitte ins Holz bewirken im Auge des Betrachters eine Dynamik, die zur erhabenen Ruhe der Motive und der Teilnahmslosigkeit ihrer Aufnahme im Kontrast stehen. Wie Caspar David Friedrichs Landschaften sind auch die Außenräume auf Christiane Baumgartners Holzschnitten Sinnbilder der eigenen Vergänglichkeit, die dem Betrachter angesichts der funktionierenden Maschinen und Verkehrswege bewusst wird. Sie sind seelenlos und von nüchterner Schönheit. Die Fotografie, die diesen Bildern zugrunde liegt, hat sie in ihrer Ruhe gebannt, hingegen der Holzschnitt, dem sie dienen, sie im Auge des Betrachters wieder in eine Bewegung versetzt. Diese paradoxe Empfindung von Stillstand bei gleichzeitiger Dynamik verdankt sich in den Bildwerken Christiane Baumgartners den Wahrnehmungsmöglichkeiten moderner Technologien, die sie dem Betrachter vor Augen führen.