«Die Dialektik der Puppe»

Zwei Ausstellungen von Gisèle Vienne und ihre Aufführung «Crowd» in Berlin

Von Thomas Oberender

Es ist selten und noch immer ungewöhnlich, dass Künstler und Künstlerinnen, die Anerkennung und Bekanntheit in der Welt des Theaters gefunden haben, auch in der Welt der Bildenden Kunst nicht nur Aufmerksamkeit erfahren, sondern mit eigenen Ausstellungen in Erscheinung treten. Robert Wilson ist eine dieser Ausnahmeerscheinungen, ähnlich die belgischen Künstler Jan Fabre oder Jan Lauwers, die beide an Kunsthochschulen studiert haben. Zu den großen Ausnahmen zählt auch die Ausstellung des Bühnenbildners Wilfried Minks im Centre Pompidou und die Ausstellungen mit Objekten und Environments von Anna Viebrock, doch die Beispiele sind rar.

Dies wirkt um so erstaunlicher, da umgekehrt bildende Künstlerinnen und Künstler wie Tacita Dean, Berlinde de Bruyckere, Shirin Neshat, Wolfgang Tillmans oder Neo Rauch ganz selbstverständlich dazu eingeladen werden, Bühnenbilder für Opern und Theaterstücke zu gestalteten. Zudem werden Ausstellungen in Museen und Biennalen immer szenischer wie in den Möbelkunsträumen von Henrike Naumann oder immersiven Installationen von Olafur Eliasson, Pierre Huyghe und den Kunstritualen von Tino Sehgal.

Dass die Werke der französisch-österreichische Regisseurin, Choreografin und Künstlerin Gisèle Vienne in Berlin gleich mit zwei Ausstellungen im Georg Kolbe Museum und dem Haus am Waldsee präsentiert werden und zeitgleich die Sophiensäle ihr Bühnenstück «Crowd» von 2017 wieder aufgenommen hat, verleiht der Arbeit dieser 1976 geborenen Künstlerin eine enorme Aufmerksamkeit und führte zu einer kleinen Sensation in der Berliner Kunstwelt.