«Der Schlüssel zum Fahrstuhl»

von Thomas Oberender

 

 

Wenn ich an Joachim Fiebach zurückdenke, dann an einen Professor fortgeschrittenen Alters, der einen Fahrstuhlschlüssel hatte, hingegen wir als Studenten das enge Treppenhaus hinauf bis unters Dach mehrmals täglich liefen. In diesem Umstand lebte, mitten im Sozialismus und dazu in keinem Widerspruch stehend, noch ein Rest des neunzehnten Jahrhunderts fort. Und mitten drin dieser grau verpackte Institutsleiter von unscheinbarem Äußerem, immer ohne Schlips, mit einem verborgenen Auftrag zur intellektuellen Renitenz, zum Anders- und Selberdenken dort oben unterm Dach. Denken war damals eine ernste Sache, die ins Gefängnis führen konnte, oder eben auf einen Lehrstuhl mit sehr hohen Beinen. Von da herab ließ sich mit etwas Geschick und Glück ein Gespräch über die Mauer hinweg mit Ost- und Westintellektuellen führen, mit Europäern und Nichteuropäern – ein Zustand real empfundener Freiheit, gerade weil sie in diesem Sozialismus des 19. Jahrhundertstils etwas so seltenes war.