«Eigentlich unbekannt»

Theaternotizen nach zwei Jahren am Schauspielhaus Bochum 
von Thomas Oberender

 

 

Schauspieler

Wahrscheinlich werden Schauspieler irgendwann die letzen Menschen sein, die noch mit ihrem Körper arbeiten. Sie haben gestaltete Körper, trainieren und pflegen ihn und handhaben ihren Leib wie ein Instrument. Theater erweist sich im Körper des Schauspielers als ein Resultat des Willens, einer Vorstellung von sich. Es ist beeindruckend zu erleben, mit welcher Sorgfalt, Vorsicht und Intelligenz ein Schauspieler sich seine Rolle erarbeitet. Er näht sie sich während der Proben über Wochen hinweg wie ein Kleid auf seinen Leib, geschneidert aus tausend Flicken. Was ein Schauspieler in diesem Kleid später aufführt, ist eine Collage von Handlungen, die jede in ihre kleinsten Einheiten zerlegt, mit professioneller Wachsamkeit geprüft und verbessert wurde, bis das, was übrig bleibt, die Fremdheit und Unsicherheit vergessen läßt, mit der diese Kreation über Wochen hin verbunden war. Schauspieler erfinden, definieren und überschreiten sich in Mikroschritten, um dann aufs Ganze zu gehen.