«Einstein on the NFT»

Zur Weltpremiere einer Theaterszene als NFT-Kryptokunst

Von Thomas Oberender

 

Im April diesen Jahres wurde in Berlin ein NFT der Theateraufführung «Einstein On The Beach», das 1976 in Avignon von Robert Wilson und Philip Glass uraufgeführt wurde, für 28 ETH versteigert. Wahrscheinlich handelte es sich hierbei um den ersten Verkauf eines Theater-NFT überhaupt. Für dieses NFT einer legendären Szene aus Wilsons Inszenierung, in der sich ein Lichtbalken langsam von der Horizontale in die Vertikale bewegt, wurden ca. 76.800 Euro gezahlt. Viel Geld für eine Datei.

Für den Kunstmarkt geht von dieser Versteigerung ein bemerkenswertes Signal aus, denn die Vermutung, dass auch aus zeitbasierten Kunstwerken wie Theateraufführungen, Performances oder Konzerten in Zukunft NFTs hergestellt werden können, kann als bewiesen gelten und dies erweitert die Palette der handelbaren Güter im Web3 enorm. Interessant ist diese Versteigerung aber auch, wenn man den Erlöse aus diesem NFT-Verkauf mit den Preisen vergleicht, die ein Künstler wie Robert Wilson zum Beispiel mit seinen Video Portraits in traditionellen Galerien erzielt. Der Unterschied ist nicht sehr groß. Kunsthistorisch wirklich bedeutsam ist diese Versteigerung aber vor allem deshalb, weil hier etwas verkauft wurde, das bis vor kurzem als unverkäuflich galt: Ein Bühnenwerk. Zwar werden dramatische Texte und auch Inszenierungen verkauft, aber niemand konnte bislang ein Stück privat erwerben, so wie man ein Bild oder eine Skulptur kauft.

Der Werkcharakter von Inszenierungen ist kollektiv und nicht sachlich, denn Stücke sind Gemeinschaftsarbeiten für den öffentlichen Gebrauch, d.h. sie werden allabendlich «neu» hergestellt und gehören allen, die sie machen und erleben. Dies ist mit Kunst-Objekten wie Bildern oder Skulpturen in dieser Weise nicht der Fall, da sie sich in einen singulären Besitz verwandeln können, als zeittote Dinge sind sie Sachen, die sich physisch aneignen und individuell genießen lassen, auch ohne Öffentlichkeit. In der neuzeitlichen Theaterwelt geht es zwar ausschließlich um das, was zwischen Menschen geschieht. Aber angeeignet und ausgestellt wird diese Form von Werk immer in Kollektiven und für ein Kollektiv von Zuschauern. Mit NFTs wird das anders.