«Das innere Kalifornien malen» 

Zu Norbert Biskys Erinnerungsbildern (Auszug)

Erinnerungsbilder an die DDR spielten im Werk von Norbert Bisky immer wieder eine Rolle, aber es war das Projekt einer Doppelausstellung zum dreißigsten Jubiläum der Wiedervereinigung in der Villa Schöningen und Friedrichwerderschen Kirche, das 2019 einen Werkkomplex zeigte, der sich dezidiert der Einstrahlung des Ostens in Biskys Schaffen widmet. Damals war Norbert Bisky ein Jahr älter als sein Vater Lothar Bisky, der Kulturwissenschaftler und Linken-Politiker, zum Zeitpunkt der Maueröffnung gewesen war. Was öffnet sich nun bei ihm?

Das Vergehen der Zeit bringt manchmal die Dinge näher, statt sie zu entrücken. Man kennt das von alten Leuten, die kleinste Details ihrer frühesten Kindheit wiedergeben können. Auch mit den Erinnerungen an die DDR scheint es so zu sein. Gut 25 Jahre nach der Öffnung der Mauer entstand eine Kultur des Erinnerns, die weniger eine staatlich geförderte und «von oben» administrierte Form der Zeichensetzung ist, als eine Form des Sammelns und Sichtens von Zeitzeugenschaft, wie sie von diversen Akteuren an der Basis des gesellschaftlichen Lebens betrieben wird. Denken Sie an die DDR-Schmalfilmsammlung «Open Memory Box», an die «Geschichten aus dem Interim» der Leipziger Plattform FREI_RAUM für Demokratie und Dialog oder an die Reihe «Occupy History» der Berliner Festspiele, die ich initiieren durfte. Es sind alternative Formen des Erinnerns, die dem großen Bild der Wiedervereinigung, das in den letzten Jahrzehnten vor allem von westdeutschen Journalist*innen und Expert*innen geprägt war, andere und ebenso authentische Perspektiven hinzufügen und entgegensetzen.