«Statt Götter nur Dämonen»

von Thomas Oberender

 

 

Wie so aufeinmal wieder Krieg im Namen eines Gottes? Roger Friedland schrieb unlängst: »Geld ist ein weltumspannendes Medium und ein Speicher der sozialen Wertzuschreibung geworden, über die der Nationalstaat durch die Multinationalisierung der Geldgeschäfte und die Deregulierung der Finanzmärkte immer weniger Kontrolle ausübt. Kann es wirklich überraschen, daß in einer Zeit, da die vorherrschenden kollektiven Repräsentanzen von den irdischen Mächten des Nationalstaates weder in Grenzen gehalten noch kontrolliert werden können, Gott – dieses andere totemistische Prinzip – wieder so großen Zulauf findet? 

Das Geld als Repräsentanz – im Gegensatz zum Geld als Ware – ist an kein »Ding» mehr gebunden.  Sein Wert hängt offensichtlich nur vom Glauben ab – und vom Glauben an den Glauben. Wie ein transzendenter Gott ist das Geld zu einem unsichtbaren numerischen Geflecht aus Versprechungen und zu einer puren Abstraktion geworden. Das Geld ist mittlerweile eine rein gesellschaftlich verankerte und definierte Kraft. Religiöse Nationalisten entfalten ihre Kritik des Kapitalismus in einem Diskurs der Entweihung. Es sind die Unterschiede zwischen den beiden symbolischen Ordnungen Gottes und des Geldes, die das ermöglichen.» (In: Lettre, Heft 3 / 2001)