«Kein Fernsehrealist, ein Weltfremder»

Michael Maertens, ein moderner Schauspieler
von Thomas Oberender

 

 

Michael Maertens als Wladimir in Matthias Hartmanns Inszenierung von Becketts «Warten auf Godot»  hat mich verwirrt, denn ich sah, wie anrührend ein erwachsener Mann auf der Bühne wirken kann, und dabei wie völlig schamlos. Mitten im Spiel nahm Michael Maertens plötzlich von Zeit zu Zeit eine Pose ein, eine in sich gebrochene, verdrehte, gekrümmte Haltung, die nicht aus dem Leben der Szene erwuchs, nicht aus dem Zusammenspiel mit anderen, sondern ein Stillleben zeigte, eine artifizielle Haltung und punktuelle Übertreibung hin zu etwas Anderem, das anders nie sichtbar werden könnte. In dieser Selbstskulpturierung sah ich, wie unvermittelt dieser Schauspieler einen Schritt über die Grenze geht, hin in etwas von mir nicht Betretbares – jenseits des «Lebensechten» und doch ganz unmittelbar.