«Ich war bereit, ein Oblomow zu werden»

Samuel Beckett und das Warten am Ende der Hoffung
von Thomas Oberender

 

 

Erst mit vierzig Jahren vollzog Samuel Beckett die entscheidende Hinwendung zur Berufung des Schriftstellers. Bis dahin hatte er gewartet. Dieses Warten erweist sich als grundlegend für sein gesamtes Werk - Romane, Gedichte und Stücke. Beckett war ein Avantgardist des Wartens.

«Nur der Baum lebt.» Dieser Satz, obgleich in Becketts «Warten auf Godot» leichthin gesprochen, ist nach dem zweiten oder dritten Wiederhören der wohl traurigste Satz der Weltdramatik. «Nur der Baum lebt.» Bodenlos ist die Agonie, das Aufstöhnen dieses Gedankens. Mit diesem Satz wechselt ein Mensch die Welt, in der er lebt, ohne sie zu verlassen. Er nimmt seine Existenz ohne Sinn und Gewicht an, als sein unerlöstes, aber zu lebendes Leben. Statt Trost ein Bewusstsein für Spiele, statt Halt die streng rationalen Zeremonien eines Versuchs, zur Sprache zu kommen. Unterbrochen nur vom Schweigen, von dem langen Atem der Einsamkeit und der Erfahrung der Abwesenheit.