«Manufaktur Volksbühne» 

Die Volksbühne war eine Bewegung, bevor sie ein Theater wurde. Bevor sie eine Spielstätte wurde, war sie bereits eine Institution und das unterscheidet sie von anderen Stadttheatern. Bevor die Volksbühne ein eigenes Haus unterhielt, mietete sie für ihre Aufführungen die verschiedensten Bühnen Berlins an, um hier ihr geschlossene Vorstellungen für ihre Mitglieder zu zeigen. Dieses neue Publikum sollte sich an und durch neue, zeitgenössische Stücke und Aufführungsstile bilden – durch einen Spielplan, der von keinem Intendanten beschlossen wurde, sondern von einem künstlerischen Ausschuss, der engen Kontakt mit den Volksbühnen-Mitgliedern hielt. 

Die Volksbühnenbewegung kann man in ihrer Entwicklung gut mit der Entwicklung verschiedener Arten von Bürgerbewegungen vergleichen, die, von der westdeutschen Friedens- und Umweltbewegung bis zur oppositionellen Bewegung der DDR, von aktivistischen Kreisen gegründet wurden und zur Gründung von Institutionen führten. Wie für Die Grünen wird es immer eine Erinnerung an diese Gründung als Bewegung geben und eine Rivalität zwischen deren Idealen und der pragmatischen und geronnenen Intelligenz, wie sie in den Strukturen von Institutionen überdauert. Insofern hat auch die Diskussion über die Volksbühne heute immer zwei Ebenen: Jene der Bewegung und die der Institution. So kann die Kulturpolitik heute die Institution retten, aber wenn es ungut läuft, den Geist der Bewegung zerstören. Beides kann, aber muss nicht deckungsgleich sein.