«Das innere Kalifornien malen»

Zu Norbert Biskys Erinnerungsbildern

Von Thomas Oberender

Erinnerungsbilder an die DDR spielten im Werk von Norbert Bisky immer wieder eine Rolle, aber es war das Projekt einer Doppelausstellung zum dreißigsten Jubiläum der Wiedervereinigung in der Villa Schöningen und Friedrichwerderschen Kirche, das 2019 einen Werkkomplex zeigte, der sich dezidiert den Spuren des Lebens in der DDR in Biskys Schaffen widmete. Damals war Norbert Bisky ein Jahr älter als sein Vater Lothar Bisky, der Kulturwissenschaftler und Linken-Politiker, zum Zeitpunkt der Maueröffnung gewesen war. Was öffnet sich nun bei ihm?

Das Vergehen der Zeit bringt manchmal die Dinge näher, statt sie zu entrücken. Man kennt das von alten Leuten, die mit dem größer werdenden Abstand plötzlich wieder die kleinsten Details ihrer frühesten Kindheit erinnern. Auch mit den Erinnerungen an die DDR scheint es so zu sein. Gut 25 Jahre nach der Öffnung der Mauer entstand eine nichtstaatliche Kultur des Erinnerns, die weniger auf staatlichen Institutionen beruht und «von oben» administriert wird, als eine Form des Sammelns und Sichtens von Zeitzeugenschaft, wie sie von diversen Akteuren und Initiativen in der Breite des gesellschaftlichen Lebens betrieben wird. Denken Sie an die DDR-Schmalfilmsammlung «Open Memory Box», an die Geschichten aus dem Interim der Leipziger Plattform «FREI_RAUM für Demokratie und Dialog» oder an die Reihe «Occupy History» der Berliner Festspiele, die ich initiieren durfte. Es sind alternative Formen des Erinnerns, die dem großen Bild der Wiedervereinigung, das in den letzten Jahrzehnten vor allem von westdeutschen Journalist*innen und Expert*innen geprägt war, biografisch und dokumentarisch geprägte Perspektiven hinzufügen und entgegensetzen.