«Rumor, Narr und Frau»

Botho Strauß zum 70.
von Thomas Oberender

 

 

1963, ein Jahr bevor Botho Strauß für ein paar Semester Theatergeschichte, Germanistik, Soziologie, Politologie und Zeitungswissenschaft in Köln und später weiter in München studierte, veröffentlichte der damals 19jährige seinen ersten Text «Schützenehre». Elf Jahre später erschien die Erzählung noch einmal, versehen mit folkloristischen Holzschnitten von Axel Hertenstein, im Verlag Eremitenpresse in Düsseldorf. Und da war Botho Strauß bereits ein Star – ein frischer, bereits vielgerühmter Name in der literarischen Szene der jungen Bundesrepublik. Einer, der mit dem Studium schon wieder fertig war, als die Studentenrevolte begann, und an das Theater ging, als Peter Stein schon wieder aufgehört hatte, im Theater Geld für den Vietkong zu sammeln.

Während seiner Studentenzeit war Botho Strauß Statist an den Münchner Kammerspielen, in G. B. Shaws «Heiliger Johanna» zum Beispiel, zu deren Mönchskomparsen auch Rainer Werner Fassbinder zählte. Für eine kurze Zeit wollte Botho Strauß Schauspieler werden. Als Primaner stand er als Hauptmann von Köpenick auf der Bühne. Doch etwas später fuhr ihm, wie er sagt, die Lektüre von Adorno in die Glieder und plötzlich hatte er «Angst vor dem öffentlichen Auftritt». Diese Angst, das lässt sich heute, zu seinem 70. Geburtstag bestätigen, hat ihn nie mehr verlassen, und wohl auch dazu prädestiniert, für das Theater zu schreiben, wobei: Zunächst schrieb er über das Theater.