«Das war ideologisch motivierter Vandalismus»

Ein Palastgespräch

Svenska Dagebladet: Warum haben Sie im Haus der Berliner Festspiele den Palast der Republik symbolisch wiederaufgebaut?

In diesem Jahr feiern wir das 30. Jubiläum der Maueröffnung, die der Anfang der deutschen Wiedervereinigung war. Eines der berühmtesten Symbole der DDR war der Palast der Republik, das modernste Kongress- und Veranstaltungsgebäude Europas. Sein Verschwinden ist ein Anlass daran zu erinnern, dass nicht die 68er im Westen die Nachkriegsepoche beendet haben, sondern die Revolution von 1989. Die Wende von damals korrespondiert einer Wende von heute, nachdem nun auch der alte Westen verschwunden ist und Europa sich neu erfinden muss. In diesem Augenblick werden die Erfahrungen der Aktivisten von 1989 für eine Reformagenda von heute interessant. Und das hilft den Ostdeutschen, ein anderes, positives Selbstbild zu entwickeln, nachdem sie sich jahrzehntelang als Nachhilfeschüler in der westdeutschen Gesellschaftsschule betrachten mussten.

Svenska Dagebladet: Sie haben in diesem Zusammenhang über ein ”Empowerment Ost” und eine Revision von Geschichtsschreibung gesprochen. Warum braucht man das?

TO: Empowerment Ost meint, dass wir an spezifisch ostdeutschen Stimmen Perspektiven interessiert sind, die nicht in die Verbitterung, in einen neuen Regionalismus und Chauvinismus führen, sondern an das positive Erbe des Aufbruchs jetzt Revolutionszeit von 1989 erinnert, in dem völlig neue Politikmodelle und demokratische Selbstermächtigungsformen entstanden sind. Diese «andere» Geschichte der Ostdeutschen wollen wir stärker wahrnehmbar machen und feiern - als eine Stimme von Menschen, die viel Diskriminierung unter dem Deckmantel der Erziehung und Unterstützung erfahren haben. De facto aber gab es auch eine «geistige Treuhand», die das kulturelle Leben in der ehemaligen DDR unter Kuratel stellte und ähnlich abwickelte und marginalisiert wie das Wirtschaftsleben. Diese Erfahrung teilen die Ostdeutschen mit Migranten und  anderen marginalisierten  Gesellschaftsgruppen und wir betrachten sie daher auch nur als einen Teil diverser Akteure, die sich mit der Erfahrung der Diskriminierung und Hintanstellung auseinandersetzen müssen, wenn auch einem sehr großen Teil.