«Figur»

Die nachgebaute Welt – Thomas Demand «Dailies»
von Thomas Oberender

 

 

Wenn wir an eine literarische Figur denken, dann erscheint mit diese Gestalt, wenn sie die Bühne betritt, nur ein kleiner Ausschnitt aus ihrem Lebensganzen, das ansonsten hinter den Szenen im Verborgenen bleibt. Was wir erblicken, ist  die Spitze eines Eisberges. Eine Figur, so lebensecht sie auch wirkt, wenn sie verkörpert wird, ist insofern etwas Abstraktes – sie steht mit wenigen Szenen im Licht pars pro toto für das gesamte, uns im Grunde verborgene Leben des Charakters. Um dies zu zeigen, überdauert in der Figur ein exakt definierter Verhaltensablauf, der für andere wiederholbar ist, etwa wie im Eiskunstlauf. Und in dieser Geste des Nachvollzugs so etwas wie die Originalerfahrung dieser Erfindung vermittelt.