«Die Ausstellung als zeitbasiertes Format»

Vortrag, Dresden 23.1.2020

(…) Der White Cube hält die Welt draußen und macht das Objekt zur Welt. Er löst die Dinge aus ihrer Einbettung und behandelt sie wie Bodenschätze. Sie werden, denken wir an ethnologische oder archäologische Objekte, ausgegraben, gereinigt und stehen uns ab da zur freien Verfügung. Der White Cube ist der Zoo der Dinge. Wo auch immer einzelne Spezies herkommen, heimisch sind und sich entwickelt haben – im Zoo werden sie in artifizielle und kontrollierte Umwelten versetzt, in künstliche Szenarien aus Beton und Bassins. Wir, die Superspezies «Mensch», spielen dieses Spiel mit Kreaturen ohne Chance und Stimme. Ich erwähne diese Geste des Ausstellens mit einem Seitenblick auf die Bestiarien, Zoos und Gärten der Neuzeit, weil ihnen eine machtvolle Haltung eingeschrieben ist, die heute zunehmend kritisch reflektiert wird.