«Der Zauberspiegel»

von Thomas Oberender

 

 

Wer ist Juan Tamariz? Der kleine Herr mit dem Strohhut auf der Terrasse. Da saß er also – gerade eingetroffen aus China, wo er seine Zauberkunststücke bei einem Magiertreffen zeigte und von seinen japanischen Kollegen beeindruckt war. Er aber ist der Weltmeister ihrer Zunft, und nun plauderte er in der Runde unserer Dichter zu Gast mit Daniel Kehlmann, Adam Thirlwell und Tom Stoppard und beschenkte uns überraschend mit einer Privatvorstellung seiner Kunst. «Er hat die Karten nicht mal angefasst!», keuchte Daniel Kehlmann am Ende seiner ersten Darbietung fassungslos. Und ich glaube, Max Reinhardt, in dessen Schloss wir uns getroffen haben, hätte diese Begegnung auf seiner Terrasse gefallen. Auch er war ein Magier und brillanter Psychologe, jemand der sein Handwerk in spektakulären Erfindungen zum Verschwinden brachte. Ist Magie nicht aus der Religion hervorgegangen, fragte Tom Stoppard? «Magie ist ein Medium auf halbem Wege zwischen Theater und Film.», entgegnete Juan Tamariz. «Das Theater ist ein Spiegel, in dem wir unser Leben sehen, gespielt von Schauspielern und Schauspielerinnen, also wirklichen Menschen. Der Film hingegen ist ein Spiegel, in dem wir unsere Träume erblicken. Wir sehen keine wirklichen Menschen, sondern ihr Bild. In der Magie haben wir beides, die Menschen und den Spiegel unserer Wünsche und Sehnsüchte und wir können versuchen, darin das zu sehen, was in der Zukunft in der Wirklichkeit passieren wird.» Wer seine Vorstellung im Landestheater sah, wird diese Wirklichkeit nie vergessen.