TIP: Was ihr letzter «Wow»-Moment bei einem Kunstwerk?

THOMAS OBERENDER: Ich habe gerade den Roman «Diamond Age» von Neal Stephenson gelesen. Er ist der Lieblingsroman von Philippe Parreno. In diesem Science Fiction wird eine neue Form von Theater beschrieben. Stephenson nennt es: «Das dynamische Theater» oder «Smarttheater». Es schafft eine «Welt ohne Außen», in der zunächst unklar ist, wer Schauspieler und wer Zuschauer ist und wo die Szene anfängt oder aufhört. Im Grunde funktioniert diese Form von Theater, wie sie Stephenson visioniert, als eine Ballung der unterschiedlichsten Stücke, die ineinander übergehen, sich gegenseitig verschmutzen und beeinflussen – ohne Anfang, ohne Ende, ein Vorgang, der inhaltlich nichts wiederholt, sondern entlang bestimmter Rituale und räumlicher Verschaltungen alles miteinander verbindet. Mich erinnert das sehr an Parrenos Ausstellungen, die ja für ihn ebenfalls das primäre Werk sind – also nicht die in ihnen ausgestellten Dinge sind die Sache, um die es geht, sondern das intelligible «Stück», das durch sie aufgeführt wird. Als ich das begriff, dachte ich: Wow!