«Unsere nächste Aufgabe ist die Kollektiv-Bildung»

Interview mit dem TT-Blog 2013 (Eefke Kleimann, Henrike Terheyden, Eva Biringer, Clemens Melzer, Nikola Richter)

 

 

Henrike Terheyden: Was ist die kulturpolitische Wende von vor vierzig Jahren, von der Sie in Ihrer Eröffnungsrede zum Theatertreffen sprachen?

Thomas Oberender: Alles begann, wenn wir vom Theater sprechen, und die früheren Avantgardebewegungen einmal ausklammern, Mitte der sechziger Jahre mit dem Umbau des kleinen Kinos Concordia in eine Spielstätte des Theaters Bremen – auf einmal gab es so etwas wie Bühnen, die keine Bühnen mehr waren, sondern Kinos, Fabrikhallen, Werkstatträume. In allen Feldern der Kunst entstanden Performances, Happenings und die Popkultur wurde zu einer Art Leitkultur der westlichen Moderne. Und die Politik vollzog diesen Wandel mit, sie öffnete sich der Förderung von alternativen Werk- und Erlebnisformen, bis hin zu neuen Mitbestimmungsmodellen. Aus dieser gesellschaftlichen und ästhetischen Bewegung heraus sind neue kulturpolitische Situationen entstanden, weil sich der Kunstbegriff nachhaltig demokratisiert hatte. Dass die sogenannte freie Szene Kultur produziert und nicht einem Hobby nachgeht, wurde strukturell in neuen Fördermodellen abgebildet. Theater im öffentlichen Raum oder in Fabrikhallen, die Vermischung von Diskurs, Kunst und Party auch an den traditionellen Häusern – das begann vor 40 Jahren. Mit Zadek.

Henrike Terheyden: Meinen Sie mit Demokratisierung den gleichmäßigen Zugang von allen Bevölkerungsschichten zu Kultur?