«Die Furcht vor dem Inhalt»

ROB HORNING

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In Kunst und Antikunst gibt sich Susan Sontag alle Mühe, die Kunst vor der Reduktion auf bloßen Inhalt zu bewahren. «Was immer [der Begriff des Inhalts] in der Vergangenheit bedeutet haben mag: Heute ist er in erster Linie ein Hindernis, eine Last, eine subtile oder auch weniger subtile Philisterei.» Wenn man diesen Satz aus seinem Zusammenhang löst, könnte man ihn auch als eine zeitgenössische Kritik des Internets missverstehen. Denn das Internet quillt über vor Inhalt beziehungsweise «Content» – sei es in Form schäbiger Clickbaits, schludriger journalistischer «Hot Takes», alberner viraler Meme oder sinnloser Tests. Die Bezeichnung «Content» ist in einer solchen Kritik des Mediums höhnisch gemeint, wie um zu sagen, dass derartiges Material nicht auch noch mit dem Wort «Schreiben» geadelt werden sollte. Tatsächlich wird «Content» immer nur «erstellt», nicht geschrieben. «Erstellen» klingt eher nach einem zynischen, mechanischen Vorgang, der sich ohne jede Inspiration oder innere Überzeugung abspulen lässt.