«Welt ohne Außen. Anne Imhofs «Faust» im Deutschen Pavillon der Biennale in Venedig als Scripted Space»

Niemand sagt in Anne Imhofs Arbeit im Deutschen Pavillon zum Augenblick «Verweile doch, du bist so schön» – diesen Zustand kennen die Performerinnen und Performer in diesem «Faust» genannten Stück nicht. Vielleicht ist sein Titel  nur auf jene Faust bezogen, die während des Geschehens immer wieder ostentativ geballt und in die Höhe gestreckt wird. Von Goethes Dramentext wird kein Satz gesprochen und keine seiner Figuren tritt auf. Der «Scheißfaust», den Peter Handke gerne davon erlösen würde, auf rastlose Weise immerfort tätig zu sein, kommt in Imhofs Arbeit nicht vor. Vielmehr sind in Venedig Gestalten zu sehen, die ihre Seele erst noch finden müssen. Der Deutsche Pavillon ist das Zwischenreich, wo sie als Zombies ans Licht kommen, mitten unter uns, um Blut zu trinken wie Odysseusʼ Mutter am Ausgang des Hades; das Blut, das sie begehren, ist unseres, die sie betrachten.